Enterbung im schweizerischen Erbrecht
Bei den rechtlichen Möglichkeiten jemanden in der Schweiz zu enterben unterscheidet man zwei Arten: die Strafenterbung und die Präventiventerbung.
Welche Gründe für eine Enterbung nach schweizerischem Erbrecht vorliegen müssen, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Gründe für Enterbung in der Schweiz
Wenn man pflichtteilsberechtigte Erben in der Schweiz enterben will – etwa die Kinder – kann man das nach dem schweizerischen Erbrecht nur aus ganz bestimmten Gründen bzw. bei Vorliegen ganz bestimmter Voraussetzungen. Ausserdem kann man je nach Enterbungsgrund entweder den ganzen Pflichtteil oder nur einen Teil des Pflichtteils entziehen.
Bei den Gründen für eine Enterbung von Pflichtteilsberechtigten unterscheidet das Schweizer Erbrecht in den Artikeln 477 bis 480 ZGB (Schweizerisches Zivilgesetzbuch) die Strafenterbung von der Präventiventerbung.
Für den Ausschluss von gesetzlichen Erben ohne Pflichtteilsberechtigung gelten nicht die Enterbungsvorschriften gemäss Artikel 477 bis 480 ZGB. Nicht pflichtteilsberechtigte gesetzliche Erben können vielmehr ohne Angabe von Gründen durch ein Testament oder einen Erbvertrag vom Erbe ausgeschlossen werden.
Strafenterbung
Die Strafenterbung gemäss Artikel 477 ZGB, bei der ein Erblasser einem pflichtteilsberechtigten Erben den gesamten Pflichtteil entziehen kann, kommt in zwei Fällen in Frage:
- entweder, wenn der Erbe gegen den Erblasser oder eine ihm nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat, wobei dies schuldhaft, also durch fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln geschehen muss,
- oder, wenn der Erbe eine familienrechtliche Pflicht schwer verletzt hat, die ihm gegenüber dem Erblasser oder einem seiner Angehörigen obliegt; also etwa Unterstützungspflichten von Verwandten oder eheliche Pflichten verletzt hat. Auch hier ist schuldhaftes Verhalten erforderlich, also Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
Allerdings ist eine Strafenterbung in beiden genannten Fällen nur möglich, wenn der Erblasser dem Erben sein Verhalten nicht verziehen hat. Eine solche Verzeihung kann nicht nur ausdrücklich erfolgen, sondern kann sich auch aus dem Verhalten des Erblassers ergeben.
Ausserdem muss die Enterbung durch Verfügung von Todes wegen erfolgen, also durch Testament oder Erbvertrag, und der Enterbungsgrund dort ausdrücklich genannt werden, Artikel 479 Absatz 1 ZGB. Macht der Enterbte die Enterbung streitig, muss der durch die Enterbung Begünstigte die Richtigkeit des Enterbungsgrundes beweisen. Sollte der Nachweis nicht gelingen, verliert der Enterbte seinen Pflichtteil nicht.
Im Falle der wirksamen Strafenterbung des Enterbten behalten die Nachkommen des Enterbten ihren Pflichtteil in der Form, als wenn der Enterbte zum Zeitpunkt des Erbfalles bereits verstorben wäre.
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Präventiventerbung
Ein weiterer möglicher Grund für eine Enterbung ist dann gegeben, wenn gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine bestehen, Artikel 480 Absatz 1 ZGB. Einem solchen Nachkommen kann der Erblasser bis zur Hälfte von dessen Pflichtteil entziehen. Allerdings muss der entzogene Pflichtteil den Kindern des Enterbten zugewendet werden. Sollte der zu Enterbende keine Kinder haben, ist eine Präventiventerbung nicht möglich.
Eine weitere Voraussetzung für die Präventiventerbung ist, dass die Verlustscheine einen Viertel des Erbteils übersteigen müssen, Artikel 480 Absatz 2 ZGB.
Im Übrigen ist etwa zu beachten: Sollten die Verlustscheine zum Zeitpunkt der Eröffnung des Erbganges nicht mehr bestehen, fällt die Präventiventerbung dahin, Artikel 480 Absatz 2 ZGB.
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Beratung durch Rechtsanwalt für Erbrecht oder Notar
Aufgrund der Komplexität der Enterbungsmaterie konnten wir im vorliegenden Artikel nicht auf alle möglichen Punkte eingehen, die bei einer Enterbung zu beachten sind. Wer also jemanden enterben möchte, sollte sich in jedem Fall durch einen Rechtsanwalt beraten lassen, der auf das Erbrecht spezialisiert ist, oder die Beratung von einem Notar in Anspruch nehmen.
Unsere Anwälte für Erbrecht und unsere Notare helfen Ihnen gerne weiter. Rufen Sie einfach unsere Rechtsanwaltskanzlei an, um einen Beratungstermin mit einem unserer Erbrechtsanwälte oder Notare zu vereinbaren:
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