Veröffentlicht am 29. März 2023 |

Verfügungen von Todes wegen (Schweiz): Testament und Erbvertrag

Wenn Personen für den Fall ihres Sterbens Anordnungen in Bezug auf ihr Vermögen treffen möchten, können sie dies in der Schweiz zu Lebzeiten in einer Verfügung von Todes wegen tun. Als Verfügung von Todes wegen kann man entweder ein Testament erstellen (auch letztwillige Verfügung genannt) oder einen Erbvertrag schliessen.

 

Beim Testament kann man – abgesehen vom Pflichtteil – zum Beispiel auch Personen als Erben einsetzen, die von Gesetzes wegen nichts erben würden. Mit einem Erbvertrag hingegen kann man auch über den Pflichtteil verfügen, sofern man mit den jeweiligen Pflichtteilsberechtigten einen Erbverzicht vereinbart. Ohne Verfügung von Todes wegen entscheidet sich die Erbfolge nach dem Gesetz und die Pflichtteilsberechtigten erhalten nicht nur den Pflichtteil, sondern auch den sogenannten gesetzlichen Erbteil.

 

Die Kanzlei Morandi Schnider Rechtsanwälte und Notare stellt im nachfolgenden Beitrag dar, welche Arten von Testamenten (letztwillige Verfügungen) es gibt und führt einige Voraussetzungen bei Testamenten und Erbverträgen auf, die erfüllt werden müssen. Um ein Testament zu erstellen oder einen Erbvertrag zu schliessen, der sowohl die inhaltlichen als auch formellen Anforderungen erfüllt, sollte man sich in jedem Fall von einem Rechtsanwalt für Erbrecht und/oder von einem Notar beraten lassen.

Testament (letztwillige Verfügung)

Das Testament ermöglicht dem Erblasser in der Schweiz, einseitig Anordnungen bezüglich seines Vermögens für den Fall seines Todes zu treffen. Statt von Testament spricht das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) in Artikel 467 ZGB von dem synonymen Begriff «letztwillige Verfügung», deren Definition in dieser Norm lautet:

 

«Wer urteilsfähig ist und das 18. Altersjahr zurückgelegt hat, ist befugt, unter Beobachtung der gesetzlichen Schranken und Formen über sein Vermögen letztwillig zu verfügen.»

 

Bei der Begünstigung von bestimmten Personen durch das Testament muss der Erblasser jedoch den Pflichtteil beachten, der bestimmten Angehörigen zusteht – es sei denn, der Pflichtteilsberechtigte ist erbunwürdig oder enterbt. Verfügt der Testator in seinem Testament zu viel an Nicht-Pflichtteilsberechtigte, sodass die Pflichtteilsberechtigten ihre Ansprüche nicht oder nicht vollständig erfüllt bekommen, können Letztere das Testament anfechten.

 

Neben Erben kann man auch sogenannte Vermächtnisnehmer in einem Testament begünstigen. Diese haben dann einen Anspruch auf Herausgabe des Vermächtnisses (z.B. ein bestimmter Gegenstand) gegenüber den Erben, ohne selbst zur Erbengemeinschaft zu gehören.

 

Die Person, die ein Testament errichten möchte, muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

 

  • mindestens 18 Jahre alt, und
  • urteilsfähig

 

Man sollte im Übrigen von seinem Testament zu Hause nur eine Kopie aufbewahren, das Original hingegen bei der Amtsstelle hinterlegen, die dafür vom jeweiligen Kanton vorgesehen ist.

 

Es gibt drei verschiedene Arten von Testamenten in der Schweiz: das eigenhändige Testament, das öffentliche Testament und das Nottestament.

Eigenhändiges Testament (eigenhändige letztwillige Verfügung)

Das eigenhändige Testament (eigenhändige letztwillige Verfügung) wird – wie der Name schon sagt – vom Erblasser selbst erstellt, wobei folgende Formvorschriften einzuhalten sind:

 

  • gesamte Niederschrift muss handschriftlich und eigenhändig erfolgen
  • Erstellungsdatum des Testamentes ist handschriftlich und eigenhändig zu verfassen
  • Testament ist handschriftlich und eigenhändig zu unterschreiben

 

Der Erblasser kann das eigenhändige Testament zu jeder Zeit ändern oder ganz widerrufen.

Öffentliches Testament (öffentliche letztwillige Verfügung)

Wer sein Testament nicht selbst schreiben will oder kann, hat die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen ein sogenanntes öffentliches Testament (öffentliche letztwillige Verfügung) erstellen zu lassen, wobei folgende Formvorschriften eingehalten werden müssen:

 

  • Urkundsperson muss öffentliche Beglaubigung des Testaments vornehmen
  • Testament muss vom Erblasser vor Urkundsperson sowie zwei Zeugen unterzeichnet werden, wobei bestimmte Angehörige nicht als Zeugen fungieren dürfen

Nottestament (mündliche Verfügung)

Eine mündliche Verfügung – auch Nottestament genannt – ist nur in Ausnahmefällen möglich. Dazu steht in Artikel 506 Absatz 1 ZGB (Schweizerisches Zivilgesetzbuch):

 

«Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse verhindert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.»

 

Die mündliche Verfügung muss vor zwei Zeugen erklärt werden, wobei auch hier bestimmte Angehörige als Zeugen ausscheiden. Ausserdem müssen diese Zeugen vom Erblasser damit beauftragt werden, für die nötige Beurkundung seiner Verfügung zu sorgen. Einer der Zeugen muss die mündliche Verfügung dann sofort schriftlich verfassen und dabei Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung angeben. Beide Zeugen müssen dieses Schriftstück unterschreiben und darauf erklären, «dass der Erblasser ihnen im Zustande der Verfügungsfähigkeit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe». Schliesslich muss dieses Schriftstück dann unverzüglich bei der zuständigen Gerichtsbehörde eingereicht werden. Alternativ können beide Zeugen die mündliche Verfügung auch zu Protokoll bei der zuständigen Gerichtsbehörde geben.

 

Zu beachten ist beim Nottestament auch Artikel 508 ZGB:

 

«Wird es dem Erblasser nachträglich möglich, sich einer der andern Verfügungsformen zu bedienen, so verliert nach 14 Tagen, von diesem Zeitpunkt an gerechnet, die mündliche Verfügung ihre Gültigkeit.»

 

Mit den «andern Verfügungsformen» ist in Artikel 508 ZGB das eigenhändige und das öffentliche Testament gemeint.

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Erbvertrag

Der Erbvertrag ist eine weitere Möglichkeit der Verfügung von Todes wegen. Im Unterschied zum Testament ist der Erbvertrag jedoch eine mehrseitige Willenserklärung, was bedeutet, dass mehrere Personen an der Nachlassregelung beteiligt sind.

 

Einer der Vorteile vom Erbvertrag ist, dass man weitreichendere Regelungen treffen kann als im Testament. Es ist zum Beispiel möglich, dass die eigentlich pflichtteilsberechtigten Kinder auf ihren Pflichtteil im Rahmen eines Erbvertrages zugunsten des Ehegatten des Erblassers verzichten.

 

Zu den Nachteilen vom Erbvertrag zählt, dass man ihn nur ändern oder ganz aufheben kann, wenn alle Vertragsparteien mit der Änderung oder Aufhebung einverstanden sind. Ausserdem kann man einen Erbvertrag – im Unterschied zum eigenhändigen Testament – nicht einfach selbst erstellen, sondern es muss eine öffentliche Beurkundung vom Erbvertrag erfolgen.

 

Die Personen, die Parteien beim Erbvertrag sind, müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:

 

  • mindestens 18 Jahre alt, und
  • urteilsfähig

Beratung durch Rechtsanwalt für Erbrecht oder Notar

Da das Erbrecht eine hochkomplexe Materie ist und es eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten für Nachlassregelungen gibt, können wir in diesem Beitrag nicht auf Einzelfälle eingehen. Sie sollten sich wegen Ihres Erbrechts-Anliegens – etwa wegen der Erstellung eines Testamentes oder eines Erbvertrages – unbedingt von einem auf das Erbrecht spezialisierten Anwalt oder von einem Notar beraten lassen.

Sowohl beim Testament als auch beim Erbvertrag kann es zu inhaltlichen und formellen Fehlern kommen, was wiederum dazu führen kann, dass nach dem Tod nicht das eigentlich Gewollte vererbt wird. Zu beachten ist etwa auch, dass die Verfügung von Todes wegen nicht durch einen mangelhaften Willen erfolgt ist, also nicht durch Irrtum, arglistige Täuschung, Drohung oder Zwang, wobei es nach einer Zeit unter Umständen zur Heilung einer solchen Verfügung kommen kann.

Seit dem 1. Januar 2023 gilt in der Schweiz übrigens mit der Erbrechts-Revision ein neues Erbrecht, mit dem Erblassern insbesondere mehr Verfügungsfreiheit über ihren Nachlass gegeben wurde. Es empfiehlt sich, bereits vor dem 1. Januar 2023 erstellte Testamente und Erbverträge von einem Rechtsanwalt für Erbrecht oder von einem Notar darauf hin überprüfen zu lassen, ob sie vor dem Hintergrund der neuen Erbrechtsregeln noch das regeln, was beabsichtigt war. Natürlich sollten Sie auch Testamente und Erbverträge, die ab dem 1. Januar 2023 erstellt wurden, von einem auf das Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt oder von einem Notar prüfen lassen, sofern dies noch nicht geschehen ist.

Um einen Beratungstermin mit einem unserer Rechtsanwälte für Erbrecht oder einem unserer Notare zu vereinbaren, kontaktieren Sie uns einfach telefonisch, per E-Mail oder über unser Kontaktformular:

 

  • Telefon: +41 32 654 99 99 (Büro in Grenchen), +41 62 961 91 91 (Büro in Herzogenbuchsee)
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