Veröffentlicht am 3. August 2025 |

Solaranlage im Stockwerkeigentum - Beschlüsse zu Bau, ZEV und mehr

Für den Bau einer Solaranlage im Stockwerkeigentum (STWE) ist ein Beschluss der Stockwerkeigentümerversammlung erforderlich. Soll die Photovoltaik-Anlage im Stockwerkeigentum durch einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) betrieben werden, ist ein weiterer Beschluss der Stockwerkeigentümer-Versammlung erforderlich.

 

Im folgenden Beitrag erklären wir, welche Beschlüsse für den Bau der PV-Anlage im STWE sowie für einen ZEV erforderlich sind, welche Beschlüsse unter anderem noch denkbar sind und welche Quoren für die jeweiligen Beschlüsse nötig sind.

Photovoltaik im Stockwerkeigentum: mehrere Beschlüsse denkbar

 

Da das Dach und die Fassade bei einem Haus im Stockwerkeigentum zu den gemeinschaftlichen Teilen gehören, muss der Bau einer Solaranlage auf dem Dach oder an der Fassade von der Stockwerkeigentümer-Versammlung beschlossen werden. Denn über die Nutzung gemeinschaftlicher Teile muss die Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft entscheiden. Das gilt sowohl für den Bau von sogenannten „Indachanlagen“, wie auch für PV-Anlagen, die auf dem Dach montiert werden (Aufdachanlagen).

 

Für den Bau einer Solaranlage im Stockwerkeigentum ist also zumindest der STWE-Beschluss zum Bau der Anlage erforderlich. Unter Umständen sind aber auch noch weitere Beschlüsse in diesem Zusammenhang nötig, etwa ein Beschluss zum Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) und/oder ein Beschluss zur Nutzung der Dachfläche.

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STWE-Beschluss zum Bau der Solaranlage

 

Je nach Art der baulichen Massnahme ist gemäss Gesetz ein anderes Quorum für den Beschluss anlässlich der Stockwerkeigentümer-Versammlung erforderlich. Das Stockwerkeigentümerreglement kann sodann vom Gesetz Abweichendes zum erforderlichen Quorum regeln.

 

Die Antwort auf die Frage, welches Quorum nach den gesetzlichen Bestimmungen für den Beschluss zum Bau einer Solaranlage im Stockwerkeigentum gemäss den Artikeln647c ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) erforderlich ist, hängt davon ab, ob der PV-Anlagen-Bau eine nützliche, notwendige oder luxuriöse bauliche Massnahme darstellt.

Nützlich, wenn alle von Solaranlage profitieren

 

Um eine nützliche bauliche Massnahme handelt es sich beim Bau einer Solaranlage gemäss Artikel 647d ZGB, wenn sie die Wertsteigerung oder die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder die Verbesserung der Gebrauchsfähigkeit der Sache zum Gegenstand hat.

 

Beim (nachträglichen) Bau einer rentablen Solaranlage, die allen Stockwerkeigentümern zu Gute kommen soll, handelt es sich um eine nützliche bauliche Massnahme, da sie zum einen wertsteigernd ist und zum anderen die Wirtschaftlichkeit der Liegenschaft verbessert.

 

Das erforderliche Quorum für den STWE-Beschluss ist im Falle einer nützlichen baulichen Massnahme gemäss Artikel 647d ZGB ein qualifiziertes Mehr, das die Zustimmung der Mehrheit aller Stockwerkeigentümer erfordert, welche zugleich über die Mehrheit der Anteile am Stockwerkeigentum verfügen, also die Mehrheit der Wertquoten haben (doppelte Mehrheit).

 

Die Kosten für den Bau der Solaranlage haben alle Stockwerkeigentümer gemeinschaftlich zu tragen, auch diejenigen Stockwerkeigentümer, die dem Bau der PV-Anlage nicht zugestimmt haben.

Notwendig, wenn alte Photovoltaik-Anlage ersetzt wird

 

Eine notwendige bauliche Massnahme im Sinne von Artikel 647c ZGB liegt vor, wenn eine bereits bestehende PV-Anlage im Stockwerkeigentum ganz oder teilweise ersetzt werden muss, weil sie insgesamt oder in Teilen das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hat. Als Quorum genügt in diesem Fall die Mehrheit aller Stockwerkeigentümer (einfaches Mehr).

Luxuriös, wenn PV-Anlage nur Einzelnen dienen soll

 

Es gibt aber auch Konstellationen, in denen die Installation einer Solaranlage als luxuriöse bauliche Massnahme gemäss Artikel 647e ZGB einzuordnen ist, etwa wenn eine unrentable Solaranlage installiert werden soll oder die PV-Anlage nur einem Stockwerkeigentümer oder nur einem Teil der Stockwerkeigentümer zur Nutzung zur Verfügung stehen soll, andere Stockwerkeigentümer also von vornherein von der Nutzung ausgeschlossen werden.

 

Bei solchen als luxuriös bezeichneten baulichen Massnahmen ist gemäss Artikel 647e ZGB die Zustimmung aller Stockwerkeigentümer erforderlich, also Einstimmigkeit.

 

Von dem Einstimmigkeits-Grundsatz bei luxuriösen baulichen Massnahmen gibt es aber gemäss Artikel 647e Absatz 2 ZGB folgende Ausnahme:

 

«Werden solche Arbeiten mit Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt, angeordnet, so können sie auch gegen den Willen eines nicht zustimmenden Miteigentümers ausgeführt werden, sofern dieser durch sie in seinem Nutzungs- und Gebrauchsrecht nicht dauernd beeinträchtigt wird, und die übrigen Miteigentümer ihm für eine bloss vorübergehende Beeinträchtigung Ersatz leisten und seinen Kostenanteil übernehmen.»

 

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STWE-Beschluss zum ZEV

 

Will die Stockwerkeigentümergemeinschaft den Stromverbrauch des durch die Photovoltaikanlage produzierten Stromes durch einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) oder virtuellen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (vZEV) organisieren, ist ein weiterer STWE-Beschluss erforderlich. Da es sich beim Beschluss zum ZEV um eine wichtige Verwaltungshandlung handelt, ist gemäss Artikel 647b ZGB die Mehrheit aller Stockwerkeigentümer erforderlich, welche zugleich die Mehrheit der Anteile am Stockwerkeigentum haben müssen (doppelte Mehrheit).

 

Diejenigen Stockwerkeigentümer, die dem ZEV nicht partizipieren wollen, können nicht zwangsweise in den ZEV eingegliedert werden. Vielmehr müssen die nicht zustimmenden Stockwerkeigentümer einen separaten Stromanschluss erhalten, denn sie haben einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Grundversorgung durch den Netzbetreiber.

STWE-Beschluss zur Nutzung der Dachfläche

 

Wenn die Solaranlage allen Stockwerkeigentümern zu Gute kommen soll, ist kein gesonderter STWE-Beschluss zur Nutzung der Dachfläche erforderlich.

 

Anders sieht es aus, wenn nur ein Teil der Stockwerkeigentümer von der PV-Anlage profitieren soll oder andere Grundstücke bzw. Dritte (etwa im Rahmen eines Energie-Contractings bzw. einem virtuellen ZEV) das Dach für eine Solaranlage nutzen wollen. Diesen Parteien kann mit Hilfe einer Dienstbarkeit ein beschränkt dingliches Nutzungsrecht an der Solaranlage eingeräumt werden sowie ein Aneignungsrecht an dem produzierten Solarstrom. Da diese Dienstbarkeit in der Regel im Grundbuch einzutragen ist, muss ein einstimmiger Beschluss der Stockwerkeigentümer gemäss Artikel 648 Absatz 2 ZGB gefällt werden.

 

Im Falle der Dachnutzung durch einen Teil der Stockwerkeigentümer kann man diesen Stockwerkeigentümern auch ein Sondernutzungsrecht einräumen, indem dies im STOWEG-Reglement geregelt wird. Für eine entsprechende nachträgliche Änderung des STOWEG-Reglements ist ein STWE-Beschluss mit qualifiziertem Mehr gemäss Artikel 712g Absatz 3 ZGB nötig.

Beratung durch Rechtsanwalt für Immobilienrecht oder Notar

Da wir nicht alle möglichen Problemlagen im Zusammenhang von Solaranlagen im Stockwerkeigentum darstellen konnten und die individuelle Ausgestaltung der Beschlüsse und Vertragswerke im Einzelfall sehr komplex sein kann, empfehlen wir Ihnen, sich bei rechtlichen Fragestellungen bezüglich PV-Anlagen im Stockwerkeigentum sich von einem Rechtsanwalt für Immobilienrecht oder von einem Notar beraten zu lassen.

 

Unsere Anwälte für Immobilienrecht und unsere Notare helfen Ihnen gerne weiter, wenn Sie eine Rechtsfrage im Rahmen einer Solaranlage im Stockwerkeigentum klären möchten. Rufen Sie einfach unsere Rechtsanwaltskanzlei bzw. unser Notariat an, um einen Beratungstermin mit einem unserer Rechtsanwälte für Immobilienrecht oder einem unserer Notare (nur Solothurn und Grenchen) zu vereinbaren:

 

 

Alternativ können Sie unsere Rechtsanwaltskanzlei und unser Notariat auch schriftlich erreichen, indem Sie uns Ihr Anliegen per E-Mail an info@morandischnider.ch schicken oder über unser Kontaktformular schildern. Innerhalb von 24 Stunden werden wir uns bei Ihnen zurückmelden.

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