Veröffentlicht am 13. November 2024 |

Neue kantonale Bauverordnung Solothurn: baubewilligungsfreie Bauten

Die kantonale Bauverordnung vom Kanton Solothurn (KBV) wurde revidiert. Die neue Fassung ist seit dem 1.10.2024 in Kraft und enthält neu unter anderem Normierungen von baubewilligungsfreien Bauten und baulichen Anlagen.

 

Welche Bauten und baulichen Anlagen durch die Revision der kantonalen Bauverordnung Solothurn nun als baubewilligungsfrei normiert wurden und wie diese Vorschriften dank der Kommentare des Solothurner Regierungsrates zu verstehen sind, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Revision der kantonalen Bauverordnung (KBV Solothurn)

Am 19.3.2024 hat der Kantonsrat von Solothurn die Revision der kantonalen Bauverordnung (KBV) des Kantons Solothurn beschlossen. Diese neue Fassung der kantonalen Bauverordnung ist am 1. Oktober 2024 in Kraft getreten.

 

Angelehnt an die «Positivliste» in § 3 Abs. 2 KBV, in der exemplarisch und nicht abschliessend eine Aufzählung von baubewilligungspflichtigen Vorhaben zu finden ist, wird in der neuen kantonalen Bauverordnung vom Kanton Solothurn in dessen § 3ter KBV eine «Negativliste» mit baubewilligungsfreien Vorhaben normiert.

 

Dieser Katalog von baubewilligungsfreien Bauten und baulichen Anlagen in § 3ter KBV muss bundesrechtskonform angewendet werde. Baubewilligungsfrei ist also nur, was auch nach Bundesrecht bzw. der dazugehörigen Rechtsprechung ohne Baubewilligung umgesetzt werden darf. Ferner dürfen keine öffentlichen Interessen in einem derartigen Ausmass betroffen sein, dass die Bewilligungspflicht angenommen werden muss.

Negativliste in § 3ter KBV mit baubewilligungsfreien Bauten

Folgende Tatbestände von baubewilligungsfreien Bauten und bauliche Anlagen werden in Absatz 1 des neu eingefügten § 3ter KBV mit dem Titel «Ausnahmen von der Baubewilligungspflicht» normiert:

 

«a) Kandelaber, Verkehrssignale, Strassentafeln, Poller, Vermessungszeichen, Elektro-Ladestationen, Hydranten und einzelne Fahnenstangen;»

 

Laut Botschaft und Entwurf des Regierungsrates an den Kantonsrat von Solothurn vom 26. Juni 2023, RRB Nr. 2023/1059 «Änderung des Planungs- und Baugesetzes (PBG) sowie der Kantonalen Bauverordnung (KBV)» ist es bei der Frage der Baubewilligungspflicht irrelevant, ob das Bauvorhaben auf öffentlichem oder privatem Grund umgesetzt werden soll. Ausserdem besteht der Vorbehalt einer verkehrsrechtlichen Anordnung.

Zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen sind nur einzelne Fahnenstangen ohne Bewilligung erlaubt. Reklamefahnen sind damit aber nicht gemeint. Kommerziell genutzte Fahnenstangen bleiben also bewilligungspflichtig.

Elektro-Ladestationen unterstehen dem Vorbehalt der gemäss Bundesrecht erforderlichen Bewilligungen und Kontrollen (Elektrizitätsgesetzgebung).

 

 

«b) einzelne unbeheizte Bauten mit einer überdeckten Fläche bis 10 m² (inkl. Dachvorsprünge) und einer Fassadenhöhe bis 2,50 m, soweit sie weder bewohnt noch gewerblich genutzt werden;»

 

Der Regierungsrat von Solothurn sagt dazu in seiner Botschaft, dass diese Regel sich auf klassische Gartenhäuschen und Geräteschuppen beschränken dürfte, wobei die jeweilige Baute weder dauerhaft von Menschen bewohnt sein darf noch eine gewerbliche Nutzung vorliegen darf. Auch private Hobbyräume sind vom Anwendungsbereich dieses Tatbestandes gedeckt, sofern unter anderem die umweltrechtlichen Vorgaben etwa in Bezug auf Lärm und Luft eingehalten werden.

 

 

«c) bauliche Anlagen der Garten- und Aussenraumgestaltung wie ungedeckte Sitzplätze, Fusswege, Brunnen, Sandkästen, einzelne Spielgeräte, Pflanzungen, Pflanzentröge und Hochbeete sowie damit einhergehende Terrainveränderungen bis zu 0,25 m;»

 

Hier macht der Solothurner Regierungsrat in seiner Botschaft unter anderem deutlich, dass diese baulichen Anlagen nur baubewilligungsfrei sind, wenn sich deren Umfang als «üblich» darstellt. Teiche, Whirlpools und Swimmingpools bleiben baubewilligungspflichtig.

 

 

«d) Einfriedigungen bis zu einer Höhe von 1,20 m;»

 

Gemäss Botschaft des Regierungsrates von Solothurn muss man beim Messen der Höhe stets ab dem gewachsenen oder tiefer gelegten Terrain (altes Recht) beziehungsweise ab dem massgebenden Terrain (neues Recht) ansetzen. Abzustellen ist im Übrigen nicht auf die Durchschnittshöhe, sondern die Einfriedigung darf an keinem Punkt 1,20 m in der Höhe überschreiten. Eine etwaige Mauer, die als Fundament für die Einfriedigung dient, ist mit zu messen.

 

 

«e) Schaukästen und Verteilkabinen mit bis zu zwei Kubikmeter Inhalt sowie kleine Behälter wie Robidogs, Abfalleimer und Kompostbehälter;»

 

Diese Vorhaben sind mit der neuen KBV nicht mehr der baubewilligungspflichtig. Insbesondere bei Kompost(-behältern) muss laut Solothurner Regierungsrat der Immissionsabstand beachtet werden.

 

 

«f) die temporäre Errichtung von baubewilligungspflichtigen Bauten oder baulichen Anlagen bis zu maximal drei Monaten pro Kalenderjahr;»

 

Hier merkt der Solothurner Regierungsrat unter anderem an, dass bei Bauten oder bauliche Anlagen, die alle drei Monate im Umkreis von zum Beispiel 200 m verschoben werden, eine Baubewilligung erforderlich ist.

 

 

«g) bauliche Änderungen im Gebäudeinnern, die nicht sicherheitsrelevant sind, soweit die Anzahl Wohneinheiten nicht verändert wird;»

 

Laut dem Regierungsrat von Solothurn ist damit insbesondere der Abbruch von nicht statischen Zwischenwänden gemeint. Sicherheitsrelevant sind in in diesem Zusammenhang etwa Brandschutzfragen.

 

 

«h) das Unterhalten von Bauten und baulichen Anlagen, wenn keine bau-, energie- oder umweltrechtlich relevanten Tatbestände betroffen sind.»

 

Zum Unterhalt gehören laut Regierungsrat (SO) auch kleine Reparaturen, nicht hingegen etwa der Einbau von einem zusätzlichen Fenster oder eine wesentliche Änderung der Farbe von der Fassade.

shutterstock_2243269397-scaled-aspect-ratio-1000-455

Vorhaben von gleicher oder geringerer Bedeutung auch bewilligungsfrei

Im zweiten Absatz des § 3ter KBV heisst es dann, dass auch Vorhaben von gleicher oder geringerer Bedeutung wie in Absatz 1 baubewilligungsfrei sind. Als Massstab für die Frage der Befreiung von der Baubewilligungspflicht gilt hier laut dem Solothurner Regierungsrat, ob mit der Realisierung des baulichen Vorhabens «nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge so wichtige räumliche Folgen verbunden sind, dass ein Interesse der Öffentlichkeit oder der Nachbarn an einer vorgängigen Kontrolle besteht».

 

Zum Beispiel ist ein überdachter Veloständer mit einer Grösse bis 10 m² eine unbeheizte Baute im Sinne von § 3ter Absatz 1 b) KBV und damit dürfte gemäss Absatz 2 auch ein unüberdachter Veloständer gleicher Grösse laut dem Solothurner Bau- und Justizdepartement als bewilligungsfrei gelten.

 

Zwar sind Gartencheminées oder etwa Grillplätze neben einem Wohnhaus nach dem neuen Katalog in § 3ter Absatz 1 KBV nicht explizit bewilligungsfrei. Aber das Solothurner Bau- und Justizdepartement hält es in Einzelfällen theoretisch für denkbar, dass Gartencheminées und Grillplätze gemäss § 3ter Absatz 2 KBV dann bewilligungsfrei sein könnten, wenn diese zum Beispiel «inmitten eines riesigen Grundstücks aufgestellt [werden] und somit kein öffentliches Interesse an der Durchführung eines vorgängigen Baubewilligungsverfahrens besteht».

Ausnahmen von der Baubewilligungsfreiheit

Eine Ausnahme von der Baubewilligungsfreiheit folgt dann in § 3ter Absatz 3 KBV, wo es heisst:

 

«Betrifft ein Bauvorhaben nach Absatz 1 oder 2 den Gewässerraum, den Wald- oder Heckenabstand, eine Strassenbaulinie, eine Schutzzone oder ein Schutzobjekt, so ist es baubewilligungspflichtig.»

 

Schutzobjekte im Sinne dieser Vorschrift sind laut Solothurner Regierungsrat kantonal sowie kommunal geschützte und als schützenswert eingestufte Bauten und bauliche Anlagen. Mit Schutzzonen sind zum einen die kantonalen Schutzzonen gemeint und zum anderen die kommunalen Schutzzonen, die durch die Einwohnergemeinden gemäss § 36 PBG ausgeschieden werden.

 

3ter Absatz 4 KBV stellt schliesslich klar, dass auch bei Baubewilligungsfreiheit sämtliche Vorschriften des materiellen Rechts eingehalten werden müssen. Darunter fallen insbesondere die Grenz-, Gebäude- sowie Immissionsabstände, der Waldabstand oder etwa der Abstand zur Bauzonengrenze. Aber natürlich sind auch alle anderen in Betracht kommenden materiell-rechtlichen Vorschriften gemäss § 3ter Absatz 4 KBV zu beachten.

 

Lesen Sie auch folgende Fachartikel zum Baurecht:

 

 

Beratung durch Rechtsanwalt für Baurecht

Da wir im vorliegenden Beitrag nur einen groben Überblick geben konnten und daher weder auf alle Einzelheiten noch auf alle möglichen Einzelfälle eingehen konnten, empfiehlt es sich, bei Fragen zur Baubewilligungsfreiheit von Bauten bzw. baulichen Anlagen eine Beratung durch einen Rechtsanwalt für Baurecht in Anspruch zu nehmen.

 

In der Kanzlei Morandi Schnider Rechtsanwälte und Notare können Ihnen unsere Rechtsanwälte für Baurecht bei Ihrem Anliegen helfen, sowohl beratend als auch vertretend.

 

Kontaktieren Sie uns einfach telefonisch, per E-Mail oder über unser Kontaktformular, um einen Beratungstermin zu vereinbaren:

 

  • Telefon:
    • Büro in Solothurn: +41 32 623 91 91
    • Büro in Grenchen: +41 32 654 99 99
    • Büro in Herzogenbuchsee: +41 62 961 91 91
  • E-Mail: info@morandischnider.ch
  • Kontaktformular: Onlinefallanmeldung

Weitere News