Veröffentlicht am 24. Februar 2022 | Tobias Morandi

Mobbing am Arbeitsplatz: Welche Rechte und Pflichten gibt es?

Mobbing am Arbeitsplatz ist auch in der Schweiz ein Problem, wobei sich insbesondere Definitionsfragen und Beweisschwierigkeiten ergeben; eine Beratung durch einen Anwalt ist daher in jedem Fall empfehlenswert. Welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Falle von Mobbing auf der Arbeit haben, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Die Mobbing-Definition

Die Antwort auf die Frage, was ist Mobbing und was nicht, findet man nicht direkt im Gesetz. Denn eine gesetzliche Definition von Mobbing gibt es nicht. Allerdings stellt Mobbing die Verletzung der persönlichen Integrität des Arbeitnehmers dar und diese ist unter anderem über Art. 6 I ArG (Arbeitsgesetz) geschützt:

 

«Der Arbeitgeber ist verpflichtet, zum Schutze der Gesundheit der Arbeitnehmer alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind. Er hat im Weiteren die erforderlichen Massnahmen zum Schutze der persönlichen Integrität der Arbeitnehmer vorzusehen.»

 

Dennoch gibt es eine rechtliche Definition von Mobbing am Arbeitsplatz, und zwar unter anderem vom Bundesgericht (Urteil vom 25. Januar 2011, BGE 8C_446/2010 E. 4.1):

 

«Mobbing ist nach einer auch vom Bundesgericht verwendeten Definition ein systematisches, feindliches, über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihrem Arbeitsplatz entfernt werden soll.»

 

Somit wird klar, dass Einzelfälle nicht ausreichen, um von Mobbing sprechen zu können. Ausserdem müssen die Handlungen zielgerichtet sein, damit sie die Bedeutung von Mobbing erlangen.

 

Die Frage, ab wann ist es Mobbing, ist dennoch schwer zu beantworten. Ein Arbeitnehmer, der sich gemobbt fühlt, sollte in jedem Fall behutsam vorgehen, wenn es darum geht, einen Mobbing-Vorwurf gegenüber Arbeitskollegen oder dem Arbeitgeber zu erheben. Ist an dem Mobbing-Vorwurf nichts dran oder lässt sich das Mobbing nicht beweisen, riskiert der vermeintlich gemobbte Arbeitnehmer unter anderem, wegen der Begehung einer Straftat aus dem Bereich Ehrverletzung verurteilt zu werden. Auf der anderen Seite ist der Arbeitgeber erst verpflichtet, gegen Mobbing vorzugehen, wenn er vom Mobbing Kenntnis erlangt hat. Insofern wird der betroffene Arbeitnehmer oftmals nicht umhin kommen, den Arbeitgeber über das Mobbing zu informieren. Eine anwaltliche Beratung wird dringend empfohlen, um das Risiko, selbst angezeigt zu werden, so weit als möglich zu reduzieren.

Beispiele für Mobbing am Arbeitsplatz

Nicht alle Arbeitsplatzkonflikte sind als Mobbing einzustufen; das gilt selbst für andauernde Unstimmigkeiten. Auch eine schlechte Atmosphäre zwischen Arbeitskollegen ist allein noch kein Mobbing. Hinzukommen muss immer auch das Element der zielgerichteten Isolation, Ausgrenzung, Behinderung der Entfaltung am Arbeitsplatz etwa durch Beförderungen oder sogar des zielgerichteten Hinausdrängens aus dem Arbeitsverhältnis. Wenn das Mobbing durch den Chef erfolgt, spricht man auch von Bossing.

 

Was Mobbing ist und was nicht kann man anhand von Beispielen illustrieren, wobei Einzelfälle – wie bereits gesagt – nicht ausreichen, um von Mobbing am Arbeitsplatz sprechen zu können. Vielmehr müssen sich die Fälle systematisch wiederholen.

 

Als typische Mobbinghandlungen gelten:

 

  • Beschränkung oder Untergrabung der sozialen Beziehungen zum betroffenen Arbeitnehmer (etwa durch Nichtgrüssen oder Kontaktverweigerung)
  • Beschädigung des sozialen Ansehens des betroffenen Arbeitnehmers (etwa durch Gerüchte, Spott, abschätzige Bemerkungen oder sogar Beleidigungen)
  • Herabsetzung der beruflichen Leistung und Lebensqualität (etwa durch ungerechtfertigte Kritik, Zuweisung erniedrigender Arbeiten und Entzug wichtiger Aufgaben)
  • Beeinträchtigung der Gesundheit (etwa durch Androhung körperlicher Gewalt oder sexueller Belästigungen)
  • Behinderung der Mitteilungsmöglichkeiten (etwa durch ins Wort fallen oder die Vorenthaltung von Informationen)

 

Kein Mobbing stellen die folgenden Handlungen dar:

 

  • berechtigte Kritik an der Leistung des Arbeitnehmers
  • Aufforderung gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Arbeitspflichten unter Androhung, dass Nichterfüllung arbeitsrechtliche Konsequenzen hat
  • Druck am Arbeitsplatz wegen Zielsetzungen oder fehlendem Personal
  • unangemessene Führung durch den Vorgesetzten gegenüber mehreren Arbeitnehmern

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Sobald der Arbeitgeber Kenntnis vom Mobbing eines Mitarbeiters hat, muss er dagegen vorgehen, da es sich beim Mobbing um eine ungerechtfertigte Persönlichkeitsverletzung handelt. Die Arbeitgeber-Pflicht zum Schutz des Arbeitnehmers folgt aus der sogenannten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, die in verschiedenen gesetzlichen Vorschriften niedergelegt ist. Zum einen ergibt sich diese Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem oben bereits erwähnten Art. 6 I ArG (Arbeitsgesetz). Zum anderen ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers insbesondere in Art. 328 OR geregelt, der den Arbeitgeber nicht nur dazu verpflichtet, die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten, sondern auch zu schützen. Zu den Massnahmen, die der Arbeitgeber gegen Mobbing ergreifen kann, gehören etwa die Schlichtung des Konfliktes, die interne Versetzung involvierter Arbeitnehmer und die Verwarnung beziehungsweise Kündigung des Mobbers. Natürlich kann der Arbeitgeber dem Mobber auch die Weisung erteilen, das Mobbing zu unterlassen, oder spezielle Verhaltensregeln aufstellen.

 

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gilt aber auch dann, wenn Arbeitsplatzkonflikte kein Mobbing darstellen. Der Arbeitgeber hat also grundsätzlich die nötigen Massnahmen zu treffen, um Arbeitskonflikte zu lösen.

 

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers bei Mobbing

Sollte tatsächlich Mobbing vorliegen, hat der Arbeitnehmer von Rechts wegen verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren.

 

Arbeitsverweigerung unter Beibehaltung des Lohnanspruches

Zum einen kann der gemobbte Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigern, ohne seinen Lohnanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber zu verlieren, wenn die Persönlichkeitsverletzung durch das Mobbing eine ausreichende Schwere erlangt hat (Art. 324 OR).

 

Forderung von Schadenersatz

Des Weiteren kann ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Arbeitgeber bestehen, wenn der Arbeitgeber keine Schutzmassnahmen gegen das ihm bekannte Mobbing trifft oder sogar selbst als Mobber aktiv ist.

 

Forderung einer Genugtuung

Neben einem Schadenersatzanspruch, der zur Entschädigung von finanziellen Schäden gedacht ist, kann der Gemobbte auch einen Anspruch auf Genugtuung zur Wiedergutmachung seines seelischen Schmerzes haben. Allerdings ist ein solcher Anspruch gemäss Art. 49 OR bei Persönlichkeitsverletzungen nur gegeben, wenn die Schwere der Verletzungen dies objektiv rechtfertigt (BGE 125 III 70 S. 75) und die Wiedergutmachung nicht anders erfolgt ist. Die Schwere der Persönlichkeitsverletzung ist etwa bei einer ausserordentlichen Kränkung gegeben, nicht hingegen bei einer leichten Beeinträchtigung des wirtschaftlichen, beruflichen oder gesellschaftlichen Ansehens des betroffenen Arbeitnehmers.

 

Anzeige beim kantonalen Arbeitsinspektorat

Der Arbeitnehmer hat ferner die Möglichkeit, das Mobbing beim kantonalen Arbeitsinspektorat anzuzeigen, was eine Untersuchung wegen der Verletzung des Gesundheitsschutzes zur Folge haben kann, wenn der Arbeitgeber keine Schutzmassnahmen gegen Mobbing eingeleitet hat.

 

Bei Kündigung Missbräuchlichkeit prüfen

Arbeitnehmer, die gemobbt werden, können teilweise nicht mehr die volle Arbeitsleistung erbringen. Sollte ein Arbeitgeber einem Mobbingopfer wegen dieses Leistungsabfalles kündigen, liegt eine missbräuchliche Kündigung gemäss Art. 336 OR vor, sofern der Arbeitgeber vom Mobbing gewusst hat und keine Massnahmen dagegen ergriffen hat. Die Folge: Dem Arbeitnehmer steht eine Entschädigung durch den Arbeitgeber in Höhe von bis zu sechs Monatslöhnen zu.

 

Übrigens: Selbst wenn kein Mobbing vorliegt, sondern nur ein dem Arbeitgeber bekannter Arbeitskonflikt, handelt es sich meist um eine missbräuchliche Kündigung, wenn dem an dem Arbeitskonflikt beteiligten Mitarbeiter gekündigt wird und der Arbeitgeber keine Massnahmen getroffen hatte, um den Konflikt zu entschärfen.

 

Fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer

Ein gemobbter Arbeitnehmer hat ausserdem die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis wegen Mobbings fristlos zu kündigen, wenn die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht mehr zumutbar ist

Beratung durch Anwalt zu Mobbing am Arbeitsplatz

Falls Sie eine Beratung zu Mobbing am Arbeitsplatz brauchen, helfen Ihnen unsere Arbeitsrechtsexperten gerne weiter. Rufen Sie dazu einfach unsere Rechtsanwaltskanzlei an:

 

  • Standort Stadt Solothurn: +41 32 623 91 91
  • Standort Grenchen (Kanton Solothurn): +41 32 654 99 99
  • Standort Herzogenbuchsee (Kanton Bern): +41 62 961 91 91

 

Alternativ können Sie unsere Kanzlei auch schriftlich erreichen, indem Sie uns Ihr Anliegen per E-Mail an info@morandischnider.ch schicken oder über unser Kontaktformular schildern. Innerhalb von 24 Stunden werden wir uns bei Ihnen zurückmelden.

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