Mit Vorsorgeauftrag der KESB entgehen - selbstbestimmt in die Zukunft
Sie sind es gewohnt, in den wichtigsten persönlichen Angelegenheiten selbst entscheiden zu können? Was Sie mit dem eigenen Geld machen, wie Sie Ihren Alltag gestalten, wo und wie Sie in Zukunft leben möchten?
Im Leben eines jeden kann es jedoch zu einer Situation kommen, in der man plötzlich nicht mehr entscheidungsfähig ist. Ein Unfall, eine schwere Krankheit, Demenz oder Altersschwäche. Hat man keinen Vorsorgeauftrag gemacht, besteht die Gefahr, dass die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) weitgehend über das eigene Leben entscheidet – das gilt auch unter Ehegatten.
Wer einer Verbeiständung durch die KESB entgehen möchte, muss einen Vorsorgeauftrag errichten beziehungsweise erstellen lassen.
Was ist die KESB?
Die KESB ist – abhängig vom Kanton – eine Verwaltungsbehörde oder eine gerichtliche Behörde mit grundsätzlich mindestens drei Mitgliedern, die nach fachlichen Kriterien gewählt werden.
KESB steht für Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, wobei der Erwachsenenschutzbehörde gemäss Artikel 440 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) die Aufgaben der Kindesschutzbehörde zukommen.
Die KESB ist also sowohl für den Erwachsenenschutz als auch für den Kindesschutz zuständig.
Zuständigkeiten der KESB im Erwachsenenschutz
- Wenn wichtige Angelegenheiten nicht alleine erledigt werden können oder man nicht mehr entscheidungsfähig ist; zum Beispiel, wenn wegen des Verlustes der Urteilsfähigkeit die Unterstützung in Geld-Angelegenheiten – wie das Bezahlen von Rechnungen – erforderlich ist.
- Wenn der Schutz vor gesundheitlichen und finanziellen Schäden erforderlich ist.
Zuständigkeiten der KESB im Kindesschutz
- Wenn Kinder vor Gefahren und Schäden geschützt werden müssen.
- Wenn Kinder nicht «gut aufwachsen» und sich nicht «gut entwickeln» können, also aus Sicht der KESB die körperlichen, geistigen, emotionalen oder sozialen Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden.
- Wenn Eltern Unterstützung benötigen, damit besser für das Kind gesorgt ist.
Kritik an der KESB
Viele begegnen der KESB mit grosser Skepsis, da diese Behörde im Extremfall die Möglichkeit hat, Erwachsene zu verbeiständen und Eltern ihre Kinder wegnehmen kann. Insbesondere darf die KESB nicht nur tätig werden, wenn sich der Betroffene selbst an sie wendet, sondern auch, wenn andere jemanden bei der KESB als Problemfall melden (sogenannte Gefährdungsmeldung).
In einer Informationsbroschüre zum Erwachsenenschutz, herausgegeben von den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) der Kantone Bern, Solothurn und Zürich, heisst es:
«Die Betroffenen können nicht alleine entscheiden, ob sie Unterstützung bekommen. Sie können auch nicht alleine entscheiden, welche Unterstützung und welchen Schutz sie bekommen. Es kann sein, dass die KESB die Situation anders als die Betroffenen einschätzt. Und anders entscheidet als die Betroffenen es sich wünschen.»
Kurz: Die KESB kann gegen den Willen des Bürgers handeln. Gleichwohl muss die betroffene Person die Kosten des Verfahrens tragen. Am häufigsten wird von der KESB beschlossen, dass die hilfsbedürftige Person einen Beistand bekommt. Eine solche Beistandschaft kann laut KESB schon angeordnet werden, wenn jemand zu hohe Schulden durch einen teuren Telefonvertrag gemacht hat.
Allerdings hat man die Möglichkeit, sich gegen den Entscheid der KESB zu wehren, indem man sich darüber innerhalb der im Entscheid angegebenen Frist beschwert. Damit es im Falle der Urteilsunfähigkeit gar nicht erst dazu kommt, sollte man einen Vorsorgeauftrag errichten beziehungsweise erstellen lassen, der so viele Bereiche abdeckt wie möglich. Auf diese Weise verhindert man grundsätzlich, dass die KESB die Vertretung in diesen Bereichen organisiert.
Was ist ein Vorsorgeauftrag?
Mit dem Vorsorgeauftrag – geregelt in den Artikeln 360 bis 369 ZGB – kann jede urteilsfähige, volljährige Person für den Fall ihrer eigenen Urteilsunfähigkeit Vorkehrungen treffen. Der Vorsorgeauftrag schlummert so lange, wie die betroffene Person (Auftraggeber) gesund ist. Sobald die Urteilsunfähigkeit eintritt, lebt der Vorsorgeauftrag auf und die mit der Ausführung betraute Person (Beauftragter) wird aktiv.
Der Vorsorgeauftrag teilt sich klassischerweise in drei Regelungsbereiche auf:
- Personensorge
- Vermögenssorge
- Vertretung im Rechtsverkehr
Bei der Personensorge geht es um die Sicherstellung der Betreuung und eines geordneten Alltags.
Die Vermögenssorge umfasst die Verwaltung des gesamten Vermögens. Darunter fallen zum Beispiel das Bezahlen von Rechnungen für die Lebenshaltung, das Ausfüllen der Steuererklärung oder die Vertretung in den übrigen vermögensrechtlichen Angelegenheiten – etwa gegenüber Banken oder im Zusammenhang mit der Nutzung oder Bewirtschaftung einer Immobilie.
Im Bereich Vertretung im Rechtsverkehr wird unter anderem die Befugnis zur Stellvertretung vor Behörden und Gerichten geregelt.
Für diese drei Regelungsbereiche handelt bei eingetretener Urteilsunfähigkeit des Auftraggebers die beauftragte Person anstatt der KESB, also zum Beispiel der Ehepartner, der Konkubinatspartner, der Bruder beziehungsweise die Schwester oder ein guter Freund.
Vorsorgeauftrag auch bei Ehegatten erforderlich?
Was auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, ist durchaus sinnvoll: ein Vorsorgeauftrag für Ehegatten.
Viele Ehepaare verzichten auf die Erstellung eines Vorsorgeauftrags in der falschen Annahme, der eine Ehepartner könne sämtliche Angelegenheiten für den anderen Ehepartner regeln. Zwar kommt dem Ehegatten auch ohne Vorsorgeauftrag ein gesetzliches Vertretungsrecht zu. Entgegen der weitverbreiteten Meinung ist dieses Vertretungsrecht jedoch klar beschränkt auf Alltagshandlungen. Dies bedeutet, dass der eine Ehegatte beim Verlust der Urteilsfähigkeit des anderen Ehegatten ohne Eingreifen der KESB zwar die laufenden Rechnungen beispielsweise für Wohnung, Nahrungsmittel, Kleidung, Freizeit sowie kleinere Geschenke bezahlen darf. Sobald jedoch das Eigenheim belastet oder verkauft, Wertgegenstände (Mobiliar, Wertschriften) veräussert, die Familienunternehmung liquidiert oder ein Prozess in vermögensrechtlichen Angelegenheiten geführt werden muss, ändert sich die Situation grundlegend. Für diese Handlungen muss der Ehegatte die Zustimmung der KESB einholen. Tut er dies nicht oder lehnt die KESB das Gesuch ab, darf er die gewünschten Handlungen nicht vornehmen.
Vorsorgeauftrag erstellen lassen
Nach dem Dargelegten ist der Vorsorgeauftrag sowohl für junge und alte Personen als auch für verheiratete und unverheiratete Personen absolut empfehlenswert. Mit einem Vorsorgeauftrag sorgen Sie nicht nur dafür, dass sich die beauftragte Person möglichst wenig mit der KESB auseinandersetzen muss, sondern können auch eigene Anweisungen dafür geben, wie Sie Ihr Leben trotz Urteilsunfähigkeit weiterführen möchten.
Die Notare unserer Kanzlei beraten Sie jederzeit gerne zum Thema Vorsorgeauftrag, unter anderem auch zur Frage, in welcher Form dieser errichtet werden muss, um wirksam zu sein. Wir legen allergrössten Wert auf ein optimales Preis-/ Leistungsverhältnis bei der Beratung und der etwaigen Erstellung eines Vorsorgeauftrages.
Gerne erklären wir Ihnen auch den Unterschied zwischen Patientenverfügung, Vollmacht beziehungsweise Vorsorgeauftrag. Ausserdem geben wir Ihnen Hinweise, wo Sie den Vorsorgeauftrag idealerweise hinterlegen sollten, damit er bei Eintreten der Urteilsunfähigkeit auch gefunden werden kann.
Auf folgenden Wegen können Sie unsere Rechtsanwaltskanzlei Morandi Schnider Rechtsanwälte und Notare kontaktieren:
- Telefon:
- Büro in Solothurn: +41 32 623 91 91
- Büro in Grenchen: +41 32 654 99 99
- Büro in Herzogenbuchsee: +41 62 961 91 91
- E-Mail: info@morandischnider.ch
- Kontaktformular: Onlinefallanmeldung