Veröffentlicht am 7. Juni 2022 |

Bei welchem Mangel kann man eine Mietzinsreduktion verlangen?

Mieter haben unter bestimmten Voraussetzungen bei einem Mangel der Mietsache einen Anspruch auf eine Mietzinsreduktion in der Schweiz. Welche Bedingungen für eine Mietzinsreduktion bei Mängeln gelten und wie Mieter gegenüber dem Vermieter vorgehen müssen, um die Herabsetzung des Mietzinses verlangen zu können, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Regelung im Gesetz: Art. 259d OR

Der Anspruch auf Mietzinsreduktion des Mieters gegenüber dem Vermieter ist im Obligationenrecht (OR) geregelt, und zwar im Art. 259d OR. Konkret heisst es dort zur Möglichkeit der Herabsetzung des Mietzinses:

 

«Wird die Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt oder vermindert, so kann der Mieter vom Vermieter verlangen, dass er den Mietzins vom Zeitpunkt, in dem er vom Mangel erfahren hat, bis zur Behebung des Mangels entsprechend herabsetzt.»

 

Bei dieser Norm handelt es sich um eine sogenannte relativ zwingende Bestimmung, was bedeutet, dass zwar von der gesetzlichen Regelung in Art. 259d OR abgewichen werden darf, aber nur zugunsten des Mieters.

 

Der Geltungsbereich von Art. 259d OR erstreckt sich sowohl auf unbefristete als auch auf befristete Mietverträge, unabhängig davon, ob eine bewegliche Sache oder eine Immobilie vermietet wird.

 

 

Mietzinsreduktion: Voraussetzungen

Um zur Mietzinsreduktion berechtigt zu sein, muss zunächst ein Mangel vorliegen. Zwar spricht Art. 259d OR davon, dass die «Tauglichkeit der Sache zum vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt» sein muss. Für das Vorliegen eines Mangels im Sinne von Art. 259d OR genügt aber bereits, dass der Ist-Zustand der Mietsache vom Soll-Zustand, wie er vertraglich geschuldet ist, abweicht. Die Tauglichkeit der Mietsache muss also nicht zwingend eingeschränkt sein, um einen Mangel annehmen zu können.

 

Eine weitere Voraussetzung für den Anspruch auf Herabsetzung der Miete ist, dass der Mieter den Mangel nicht selbst verursacht hat beziehungsweise den Mangel nicht auf seine Kosten beheben muss, etwa im Falle des sogenannten kleinen Unterhalts, in dessen Rahmen der Mieter für kleine Reparaturen selbst zuständig ist, die er ohne Hinzuziehen einer Fachperson ausführen kann und sofern die Materialkosten eine bestimmte Grenze nicht überschreiten.

 

Für den Anspruch auf Mietzinsreduktion gemäss Art. 259d OR ist ferner erforderlich, dass der Mieter den Vermieter über den Mangel informiert hat. Ausserdem muss der Mieter gegenüber dem Vermieter deutlich machen, dass er als Mieter von einer Störung des gegenseitigen Leistungsverhältnisses infolge des Mangels ausgeht.


Der Mangel muss des Weiteren entweder mindestens eine mittlere Schwere aufweisen. Diese ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes gegeben, wenn der Umfang der Gebrauchseinschränkung der Mietsache mindestens 5 Prozent beträgt. Oder – im Falle eines leichten Mangels – muss dieser über eine lange Zeit vorliegen (circa 5,5 Jahre). Der Vermieter muss also die Beseitigung des ihm bekannten Mangels unterlassen haben. Nicht erforderlich ist, dass der Mangel durch den Vermieter oder eine andere Person überhaupt beseitigt werden kann. Also auch der Baulärm vom Nachbargrundstück berechtigt zur Mietzinsreduktion.


Ferner muss der Mieter zur Geltendmachung der Mietzinsreduktion erklären, in welcher Höhe die Herabsetzung des Mietzinses in Bezug auf den jeweiligen Mangel erfolgen soll.

 

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Mietzinsreduktion berechnen

Die Berechnung der genauen Höhe der Mietzinsreduktion gestaltet sich mitunter kompliziert. Neben der Höhe muss man auch die Dauer der Herabsetzung des Mietzinses berechnen.

 

 

Höhe der Mietzinsreduktion berechnen

Die Höhe der Mietzinsreduktion hängt davon ab, wie sehr die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache im Vergleich zum vertraglich vereinbarten Zustand beeinträchtigt ist. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtes folgt, dass bei der Berechnung der Mietzinsreduktion die relative Methode zum Einsatz kommt. Danach ist der objektive Wert der mangellosen Mietsache zu ermitteln und mit dem objektiven Wert der mangelhaften Mietsache zu vergleichen. Anschliessend reduziert man den Mietzins im gleichen Verhältnis. 

 

Sollte im Falle eines mittleren Mangels die Ermittlung des objektiven Wertes mit der relativen Methode nicht möglich sein, ist eine Schätzung des Wertes vorzunehmen, und zwar anhand der folgenden Kriterien:

 

  • nach Billigkeitsregeln
  • nach gesundem Menschenverstand
  • nach allgemeiner Lebenserfahrung
  • nach Gerichtsentscheiden

 

Es gibt Listen, denen entnommen werden kann, wie hoch laut der Rechtsprechung die Mietzinsreduktion etwa bei einem Wasserschaden, bei Schimmel, bei defektem Geschirrspüler, bei defekter Waschmaschine, bei Bauarbeiten oder beispielsweise im Falle eines Heizungsausfalles ausfallen darf.

 

Es gibt aber auch Mängel, bei denen keine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit vorliegt, aber trotzdem eine Abweichung vom vertraglich vereinbarten Zustand vorliegt; zum Beispiel, wenn die zugesicherte Aussicht verbaut ist. In diesen Fällen wird die Mietzinsreduktion anhand des Grades ermittelt, der der sonstigen Interessenbeeinträchtigung des Mieters entspricht.

 

 

Dauer der Mietzinsreduktion berechnen

Die Dauer, für die eine Mietzinsreduktion verlangt werden kann, entspricht dem Zeitraum vom Zeitpunkt an, ab dem der Vermieter vom den Mieter störenden Mangel Kenntnis erlangt hat, bis zum Zeitpunkt der Mangelbehebung.


Auch eine auf gegenseitigem Einverständnis beruhende dauerhafte Mietzinsreduktion ist möglich, etwa in Fällen, in denen der Mangel nicht oder nicht vollständig behoben werden kann.

 

 

Wer muss den Mangel beweisen?

Wenn der Mieter eine Mietzinsreduktion vor Gericht geltend macht, muss er das Vorliegen des Mangels beweisen, sofern der Vermieter den Mangel bestreitet. Auch für die Dauer des Herabsetzungsanspruches trägt der Mieter die Beweislast.

 

 

Wie kann man den Anspruch durchsetzen?

Damit der Anspruch auf Mietzinsreduktion entstehen kann, muss der Mieter gegenüber dem Vermieter die prozentuale Herabsetzung des Mietzinses in Bezug auf einen bestimmten Mangel fordern. Dadurch können aber nicht nur Ansprüche auf eine zukünftige Mietzinsreduktion entstehen, sondern auch rückwirkend für Mängel eine Mietzinsreduktion verlangt werden und zu viel geleistete Miete zurückgefordert werden, sofern dem Vermieter sowohl der Mangel bekannt war als auch die Tatsache, dass sich der Mieter an dem Mangel stört.

 

Der Mieter ist bei behebbaren Mängeln allerdings nicht berechtigt, die Mietzahlung eigenmächtig zu reduzieren, also einfach weniger an den Vermieter zu überweisen. Vielmehr muss der Mieter den Mietzins gemäss Art. 259g ff. OR amtlich hinterlegen; anderenfalls riskiert er die Kündigung wegen Zahlungsverzuges. Zur rechtsgültigen Hinterlegung muss dem Vermieter eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt werden und die Hinterlegung gegenüber dem Vermieter angedroht werden. Das Ende der Frist muss dabei so gelegt werden, dass die Hinterlegung des Mietzinses noch vor Fälligkeit der Mietzahlung möglich ist.

 

Nach fruchtlosem Ablauf der Frist – also sofern die Mängelbeseitigung bis zum Fristende unterbleibt – überweist der Mieter den Mietzins auf ein Sperrkonto der zuständigen Schlichtungsbehörde (Hinterlegung). Sollte der Mieter dann nicht innerhalb von 30 Tagen seit der Fälligkeit des hinterlegten Mietzinses Klage bei der Schlichtungsbehörde zur Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber dem Vermieter erheben, wird der hinterlegte Mietzins von der Schlichtungsbehörde an den Vermieter überwiesen.

 

Sollten die Mängel jedoch nicht behebbar sein, darf der Mieter die Mietzinsreduktion eigenmächtig vornehmen, also weniger an den Vermieter überweisen. Allerdings besteht auch bei diesem Vorgehen die Gefahr einer Kündigung gem. Art. 257d OR wegen Zahlungsverzuges, sofern der Mieter die Herabsetzung der Miete zu hoch angesetzt hat. Um bezüglich der Höhe der Mietzinsreduktion sicherzugehen, ist es ratsam, sich von einem Anwalt beraten zu lassen und im Zweifel den Rechtsweg zu beschreiten, also von einem Gericht feststellen zu lassen, wie hoch die Mietzinsreduktion ausfallen darf.

 

 

Bis wann kann Mietzins zurückgefordert werden?

Der Anspruch auf Mietzinsreduktion verjährt nach fünf Jahren, wobei die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, sobald der Vermieter von dem Mangel Kenntnis erlangt hat und der Mieter gegenüber dem Vermieter die Mietzinsreduktion erklären kann. 

 

 

Hilfe vom Rechtsanwalt bei Mietzinsreduktion

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie zur Mietzinsreduktion berechtigt sind beziehungsweise nicht genau wissen, in welcher Höhe und wie lange die Herabsetzung der Miete erfolgen darf, lassen Sie sich am besten von einem Anwalt beraten.

 

Setzen Sie sich mit unseren Mietrecht-Spezialisten in Verbindung, indem Sie unsere Rechtsanwaltskanzlei telefonisch kontaktieren:         

 

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