Gewährleistung und Garantie bei Occasion-Auto- und Immobilien-Kauf
Wer eine Sache kauft, ob es nun ein Occasions-Autokauf oder ein Grundstück mit oder ohne Haus ist, und Mängel an der Kaufsache feststellt, steht vor der Frage, welche Rechte er geltend machen kann, unter anderem wie es mit dem sogenannten Gewährleistungsrecht aussieht.
Was es mit der Gewährleistung auf sich hat, ob man diese in der Schweiz ausschliessen kann, wie lange die Gewährleistungsfrist dauert und was der Unterschied zur Garantie ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was ist eine Gewährleistung?
Die Bedeutung von Gewährleistung ergibt ich aus dem Schweizerischen Obligationenrecht (OR). Unterschieden wird dort zwischen der Rechtsgewährleistung und der Sachgewährleistung, oder anders ausgedrückt: zwischen Rechtsmängeln und Sachmängeln.
Rechtsgewährleistung, Art. 192 OR
In Art. 192 Abs.1 OR findet sich die Definition der Rechtsgewährleistung:
«Der Verkäufer hat dafür Gewähr zu leisten, dass nicht ein Dritter aus Rechtsgründen, die schon zur Zeit des Vertragsabschlusses bestanden haben, den Kaufgegenstand dem Käufer ganz oder teilweise entziehe.»
Zu den Rechtsmängeln zählen etwa die folgenden:
- nicht eingetragene Rechte, die aus der Zeit vor 1912 stammen
- noch nicht eingetragene Grundsteuerpfandrechte, die aus früheren Handänderungen stammen
- noch nicht eingetragene beziehungsweise vorgemerkte Bauhandwerkerpfandrechte
- Miet- oder Pachtverträge, die verschwiegen wurden
Sachgewährleistung, Art. 197 ff. OR, 219 OR
Die Definition der Sachgewährleistung findet sich Art. 197 Abs. 1 OR:
«Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.»
Diese Verkäufer-Haftung gilt gemäss Art. 197 Abs. 2 OR sogar für den Fall, dass der Verkäufer die Mängel nicht kannte.
Zu den Sachmängeln zählen etwa die folgenden:
- defekter Motor beim Auto
- defekte Heizung beim Haus
- Altlasten auf Grundstücken
Auch rechtliche Eigenschaften können einen Sachmangel darstellen, etwa wenn ein Grundstück als Bauland verkauft wird, es aber durch öffentlich-rechtliche Vorschriften verboten ist, auf dem Grundstück zu bauen. Auch öffentliche Nutzungsbeschränkungen können einen solchen Sachmangel in Bezug auf rechtliche Eigenschaften darstellen.
Unterschied Garantie und Gewährleistung
Umgangssprachlich wird statt von «Gewährleistung» auch von «Garantie» gesprochen, obwohl es sich bei einer Garantie rechtlich um etwas anderes handelt als bei einer Gewährleistung. Aber was ist der rechtliche Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung?
Die Gewährleistung ist im Gesetz geregelt und verpflichtet den Verkäufer, dem Käufer eine mangelfreie Sache zu verschaffen. Die Garantie hingegen ist nicht im Gesetz geregelt und stellt eine freiwillige Selbstverpflichtung des Verkäufers dar, womit dieser vertraglich eine bestimmte Leistung sicherstellt; häufig werden durch eine Garantie bestimmte Eigenschaften der Kaufsache zugesichert. Die Zusicherung im Rahmen der Garantie unterscheidet sich aber von der Zusicherung gemäss Art. 197 I OR (siehe oben) dadurch, dass bei Nichteinhalten der Garantie nicht Gewährleistungsrecht zur Anwendung kommt, sondern die Verzugsregeln gemäss Art. 97 OR, da dies als eine Nichterfüllung oder Schlechterfüllung betrachtet wird.
Rechte aus der Gewährleistung
Liegt ein Mangel der Kaufsache vor und ist das gesetzliche Gewährleistungsrecht im Kaufvertrag nicht rechtmässig ausgeschlossen worden, hat der Käufer je nach Konstellation bis zu drei Wahlmöglichkeiten, was er vom Verkäufer verlangen kann:
- Kaufpreiserstattung gegen Rückgabe der Kaufsache (Rückgängigmachen des Kaufes durch Wandelung), Art. 205 I OR
- Preisnachlass durch Auszahlung des Differenzbetrages des Wertes der mangelhaften Sache zum Wert der mangelfreien Sache (Minderung), Art. 205 I OR
- Ersatz der Ware durch eine mangelfreie Sache, Art. 206 I OR, sofern die Sache austauschbar ist
Ein Recht auf Reparatur sieht das Gesetz im Rahmen der Gewährleistung nicht vor. Also hat weder der Käufer einen gesetzlichen Anspruch auf Nachbesserung noch der Verkäufer ein gesetzliches Nachbesserungsrecht. Allerdings behalten sich die Verkäufer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zum Kaufvertrag häufig die Regelung vor, die defekte Sache zu reparieren, während Wandelung und Ersatz ausgeschlossen werden. Teilweise werden sogar alle Gewährleistungsrechte des Käufers gegenüber dem Verkäufer ausgeschlossen.
Von der Wandelung gibt es die Ausnahme, dass ein Richter statt auf Wandlung den Verkäufer nur auf Ersatz des Minderwertes verurteilen kann, sofern eine Wandelung im konkreten Einzelfall nicht gerechtfertigt ist.
Der Käufer muss die Kaufsache nach dem Empfang unmittelbar prüfen und den festgestellten Mangel sofort nach der Prüfung gegenüber dem Verkäufer melden, Art. 201 I OR (Mängelrüge). Anderenfalls verliert der Käufer seine Gewährleistungsrechte, es sei denn, der Mangel war nicht erkennbar. Tritt der Mangel erst später auf, ist er sofort nach der Entdeckung zu melden, da anderenfalls die Gewährleistungsansprüche ebenfalls verloren gehen.
Wenn der Käufer den Mangel zum Zeitpunkt des Kaufes kannte, hat er gemäss Art. 200 Abs. 1 OR kein Gewährleistungsrecht gegenüber dem Verkäufer. Gleiches gilt, wenn der Käufer den Mangel bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, es sei denn, der Verkäufer hat das Nichtvorhandensein des Mangels zugesichert, Art. 200 Abs. 2 OR.
Gewährleistung bei Occasionswaren
Auch bei mangelhaften Occasionswaren – wie einem gebrauchten Fahrzeug – kann der Käufer einen Preisnachlass, also eine Minderung, verlangen. Unter Umständen können die Mängel so schwer sein, dass die Erstattung des kompletten Kaufpreises verlangt werden kann, wobei in diesen Fällen, in denen der Minderungsbetrag (Minderwert) dem Kaufpreis entspricht, nur die Wandelung in Betracht kommt, also die Kaufsache gegen Kaufpreiserstattung an den Verkäufer zurückzugeben ist. Der Ersatz eines Occasionsautos gegen ein Auto mit gleichem Verschleiss dürfte in der Praxis unmöglich sein, weshalb ein Ersatz bei einem solchen Spezieskauf nicht verlangt werden kann. Nur bei sogenannten Gattungswaren – von denen es mehrere identische gibt – ist ein solcher Ersatz möglich, etwa bei einem Neuwagenkauf.
Besonderheiten beim Immobilienkauf
Beim Verkauf von Grundstücken gibt es mit Art. 219 OR noch eine besondere gesetzliche Gewährleistungsvorschrift zu beachten. Nach Art. 219 Abs. 1 OR muss der Verkäufer dem Käufer – unter dem Vorbehalt anderer Vereinbarungen – Ersatz leisten, sofern das Grundstück nicht das im Kaufvertrag angegebene Mass aufweist. Anders sieht es aus, wenn das Grundstück nicht das im Grundbuch angegebene Mass aufweist, das durch amtliche Vermessung festgestellt wurde; in diesem Fall muss der Verkäufer dem Käufer nur dann Ersatz leisten, sofern der Verkäufer ausdrücklich die Gewährleistung dafür übernommen hat.
Vertragliche Wegbedingung der Gewährleistung
Zwar sind die beim Kaufvertrag geltenden Gewährleistungsrechte im Gesetz geregelt, aber der Verkäufer kann diese Gewährleistungsrechte in der Schweiz wegbedingen, also ausschliessen. Dieser Ausschluss der Gewährleistung im Kaufvertrag ist auch beim sogenannten Konsumentenkauf möglich, also zwischen einem Unternehmer und einem Privaten. Um einen solchen Ausschluss der Gewährleistung beim Kaufvertrag etwas abzufedern, wird dem Käufer teilweise vertraglich eine freiwillige Garantie gegeben, wobei diese oftmals kürzer als auf 2 Jahre befristet wird, etwa auf 6 Monate.
Allerdings ist eine Wegbedingung der Gewährleistung (Aufhebung oder Beschränkung) gemäss Art. 199 OR ungültig, wenn dem Käufer die Mängel arglistig vom Verkäufer verschwiegen wurden. Besonders häufig wird die gesetzliche Gewährleistungspflicht des Verkäufers beim Occasions-Autokauf ausgeschlossen. Im Fall eines Mangels am Occasionsfahrzeug gilt dieser Gewährleistungsausschluss also gemäss Art. 199 OR dann nicht, wenn der Auto-Verkäufer dem Käufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.
Der Ausschluss der Gewährleistung erfolgt in der Regel über vom Verkäufer verfasste Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) in sogenannten Freizeichnungsklauseln. Teil des Vertrages können diese AGB aber nur werden, wenn der Käufer von den AGB vor Vertragsschluss Kenntnis nehmen konnte.
Statt die Gewährleistung komplett wegzubedingen, kann man sie auch abändern, indem man zum Beispiel vertraglich ein Recht auf Reparatur einräumt, aber Erstattungen und Preisnachlässe ausschliesst. Auch bei Occasionswaren ist die Abänderung der Gewährleistung möglich.
Unter Umständen fällt ein Mangel nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes bei einem Grundstückskaufvertrag jedoch nicht unter den Gewährleistungsausschluss, wenn der Mangel «gänzlich ausserhalb dessen lag, womit ein Käufer vernünftigerweise rechnen musste» (Bundesgericht, Urteil vom 12. April 2018, 4A_444/2017).
Auch die missbräuchliche Verwendung von AGB kann dem Gewährleistungsausschluss entgegenstehen. Denn AGB-Bestimmungen sind anfechtbar, wenn diese zum Nachteil des Konsumenten ausgestaltet sind und dabei in einem erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnis zu den Rechten und Pflichten steht.
Gewährleistungsfrist
Die Dauer, während der man seine Gewährleistungsrechte geltend machen kann, also die Gewährleistungsfrist, variiert je nach Art des Kaufgegenstandes.
Für bewegliche Sachen – ausser Kulturgüter – beträgt die Gewährleistungsfrist laut Artikel 210 Abs. 1 OR zwei Jahre. Man hat also ab Ablieferung einer Sache zwei Jahre beziehungsweise bei gebrauchten Sachen ein Jahr Zeit, seine Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Wenn es sich um einen Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Konsumenten (Verbraucher) handelt, kann diese zweijährige Gewährleistungsfrist bei neuen Sachen nicht verkürzt werden; bei gebrauchten Sachen kann sie maximal auf ein Jahr verkürzt werden. Unter Privaten oder Unternehmern kann die Gewährleistungsfrist ohne Einschränkung verkürzt werden.
Für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003 beträgt die Gewährleistungsfrist ein Jahr nach Entdeckung des Mangels durch den Käufer, jedoch maximal 30 Jahre nach Vertragsschluss.
Bei absichtlicher Täuschung gilt die Verjährungsfrist von 10 Jahren gemäss Art. 127 OR.
Wenn eine Sache in ein unbewegliches Werk wie eine Immobilie integriert wurde, etwa eine Tür, die einen Mangel am Werk verursacht, dann beträgt die Gewährleistungsfrist fünf Jahre. Bei Gebäuden beträgt die Gewährleistungsfrist ebenfalls fünf Jahre, wobei diese mit dem Eigentumserwerb beginnt, Art. 219 Abs. 3 OR.
Beratung im Kaufrecht vom Rechtsanwalt
Die Darstellung der Gewährleistungsrechte und sonstiger Rechte beim Kaufvertrag im Falle eines Mangels kann hier angesichts der Komplexität nicht für alle Einzelfälle erfolgen, weshalb Sie in Bezug auf Ihre Angelegenheit immer einen Anwalt kontaktieren sollten, um abzuklären, welche Rechte und Pflichten Sie in Ihrem konkreten Fall haben.
Einer unserer Rechtsanwälte, der sich auf das Kaufrecht spezialisiert hat, kann Sie in Bezug auf Fragen zur Gewährleistung beraten, etwa im Rahmen eines Autokaufes oder eines Kaufes einer Immobilie. Kontaktieren Sie uns einfach, um einen Beratungstermin zu vereinbaren:
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